Ein bewegender Film in einer bewegten Zeit

Die Zeitzeugendokumentation „Anna, ich hab‘ Angst um dich“ lockte am 29. Juni drei Dutzend Menschen in das Hallesche Puschkino. Trotz des zeitgleich laufenden EM-Achtelfinals zwischen England und Deutschland war das Interesse an diesem bewegenden Zeitzeugenfilm über den antifaschistischen Widerstand groß. Die Notwendigkeit, weiterhin wachsam und widerständig gegen rechte Tendenzen auch in der heutigen Zeit zu sein, wurde in der anschließenden Diskussion deutlich.

„Endlich“, muss man sagen, konnten wir als DGB-Jugend Sachsen-Anhalt unterstützt von der Respekt!-Initiative diese Filmvorführung durchführen. Ursprünglich war sie bereits im März als Beitrag für die Bildungswochen gegen Rassismus geplant gewesen. Aufgrund des Infektionsgeschehens war jedoch an eine Präsenzveranstaltung nicht zu denken. Ein Onlinefilmabend hätte ebenfalls nicht zur Thematik gepasst, zumal die Diskussion mit dem Regisseur Josef Pröll ein besonders eindrücklicher Höhepunkt werden sollte.

Wie wir gehofft hatten, war der Kinosaal gut gefüllt. Neben Aktiven der örtlichen VVN-BdA und der Omas gegen Rechts kamen vielen Einzelpersonen, die über die lokalen Infokanäle von der Veranstaltung gehört hatten. Nicht fehlen durften natürlich auch eine ganze Reihe von Kolleg_innen aus den Gewerkschaften und die Jugendlichen aus der Projektgruppe Tagebuch der Gefühle, die selbst ehrenamtlich an der Aufarbeitung der NS-Verbrechen arbeiten.

Im Film schildert Anna Pröll, unter welchen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen sie in einer Augsburger Arbeiterfamilie Anfang der 30er Jahre lebte. Für sie war von Beginn an klar, dass die Herrschaft Hitlers zum Krieg führen würde und vor allem für die Arbeiter_innen kein gutes Ende nehmen konnte. Mit anderen gleichgesinnten wird Anna in einer Widerstandsgruppe aktiv, die versucht die Augsburger Bevölkerung vor der Gefahren des Faschismus zu warnen. Die Gruppe fliegt auf und Anna muss erst ins Gefängnis und dann in verschiedene Konzentrationslager. Nur mit Glück kommt sie frei. Für ihren Mut zahlt Anna auch sonst einen hohen Preis – die Familie verliert ihre Betriebswohnung, die lokale Nazipresse schreibt Verleumdungen über Anna und die Gestapo bespitzelt sie rund um die Uhr. Trotz allem gibt Anna nicht auf – bestärkt durch die Solidarität in ihrem nahen Umfeld, unterstützt sie den antifaschistischen Widerstand bis zur Befreiung im Mai 1945.

Im Anschluss an den Film berichtet der Regisseur – Annas Sohn Josef Pröll, wie es zur Entstehung des Films kam. Viele Menschen in Augsburg, die Anna gut kannten, überredeten sie ihre Geschichte zu erzählen. Anfangs wollte sie nicht, weil sie sich für nichts Besonderes hielt, doch das Argument, dass so etwas nicht vergessen werden darf, überzeugte sie. Die Interviews wurden bereits im Jahr 1999 geführt. Jedoch dauerte es bis 2002 bis der Film in unendlichen Stunden ehrenamtlicher Arbeit fertig produziert war. Möglich war dies nur, weil aus Gewerkschaften, antifaschistischen Initiativen, von Parteien und vielen Einzelpersonen die notwendige finanzielle und personelle Unterstützung kam.

In der Diskussion wollen viele der Anwesenden wissen, wie es Anna nach 1945 erging. Josef berichtete, dass Anna und ihr Mann – der das KZ Buchenwald überlebt hatte – in ihrem Umfeld viel Respekt genossen. Jedoch gab es in der Bevölkerung auch viele Vorbehalte gegen „die KZler“ und insbesondere die Rolle und der Widerstand der Arbeiter_innenbewegung wurde und wird z.T. bis heute kaum gewürdigt.

Vor allem auch aufgrund der leider in Sachsen-Anhalt relativ hohen Zustimmung zur faschistoiden AfD wurde aus den Wortbeiträgen deutlich, dass mehr Aufklärungsarbeit nötig ist. Die Gefahr des Faschismus zu unterschätzen ist damals wie heute selbst eine große Gefahr. Trotz des natürlich sehr ernsten Themas konnten am Ende alle mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen. Denn Annas Beispiel zeigt, dass sich ihre Zivilcourage und die unzähliger anderer letztendlich gelohnt hat. Der Faschismus wurde besiegt.

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